Mit sich selbst in Frieden zu leben ist manchmal fordernd genug, aber gerade in Beziehungen wird das für manche Menschen und Situationen zur Überforderung. Warum ist das eigentlich so und gibt es Wege, die trotzdem gangbar sind? 

Ein wesentlicher Aspekt bei allen Unstimmigkeiten ist die Tatsache, dass wir gerne vernünftige Gründe hätten. Aber in Beziehungen geht es um Gefühle, um Verletzlichkeit, um Vertrauen. Zugrunde liegen diesen nicht konkret greifbaren Auswirkungen aber immer Handlungen. Allerdings werden die damit verknüpften Bedürfnisse oft nicht klar artikuliert, beziehungsweise das Verhalten wird von der Person gegenüber anders interpretiert.

Weil Verhalten und Interpretation immer direkt und oft unbewusst miteinander verknüpft sind ist die Auseinandersetzung darüber oft anstrengend. (* gerne kannst Du einen Blick auf das Video „Eisbergmodell und Konflikte“ werfen, Seite Informatives unten) Die Lösung liegt darin, die Gefühle klarer vom Vorhalten zu differenzieren. In der Psychologie spricht man hier von Dissoziation. Solange beides ungetrennt miteinander ausgetauscht wird, kochen die angespannten Gemüter noch mehr hoch und ein Verständnis füreinander rückt in unerreichbare Ferne. 

Es gibt verschiedene Wege, sich diesem Zustand anzunähern. Da wäre die WWW Formel (Wahrnehmung-Wirkung-Wunsch), die Gewaltfreie Kommunikation, das aktive Zuhören und weitere Kommunikationsmodelle zu nennen. Einen eher unüblichen Weg stelle ich hier noch vor, der auf simple -aber nicht einfache- Weise dies fördert.

Am Besten ist diese Methode mit einer dritten Person als Regelüberwachende durchzuführen. Diese Person kann irgendeine neutrale Person sein, natürlich auch ein Coach oder ein:e Supervisor:in. Statt im „Ich-und-Du-Modus“ zu kommunizieren gilt es nur die dritte Person zu verwenden. Wie bei einem Filmdrehbuch mit Regieanweisungen und Dialogen heißt es also zum Beispiel: „Der Mann hat gestern seine Verabredung nicht eingehalten. Die Frau fühlte sich dadurch zurückgelassen und verletzt. Als Kind hatte sie häufig so eine Erfahrung gemacht und reagiert deshalb sehr sensibel darauf.“ „Die Frau hat ihn angerufen und ohne die Entschuldigung anzuhören, direkt angefangen zu weinen und Vorwürfe zu machen.“ Das Schema ist leicht zu erkennen.

Stelle Dir einmal nur diesen kurzen Dialog statt den Figuren ‚der Mann‘ und ‚die Frau‘ mit ‚Ich‘ und ‚Du‘ vor. „Du hast gestern (wieder) unsere Verabredung nicht eingehalten. Das hat sofort Verlassensängste bei mir ausgelöst.“ „Ich habe angerufen, um zu erklären, was passiert war, aber Du hast sofort losgeheult und mir Vorwürfe gemacht.“ Schon bei diesem Dialog wird deutlich, was die Dissoziierung auslöst. Das Tempo wird verlangsamt, die Bereitschaft zu zuhören größer und die Reflexion über das, was das Verhalten ausgelöst hat intensiver. 

Die oder der Regelüberwachende ergreift zu keinem Zeitpunkt Partei, sondern sorgt nur für die Einhaltung der Absprache. Gerne kann sie oder er natürlich vertiefende Fragen stellen, wenn der Impuls auftaucht, dass hinter dem ein oder anderen Satz mehr steckt. Sollte die Frau zum Beispiel nichts über ihre Erfahrungen in der Vergangenheit zum Thema Verabredungen äußern kann gefragt werden: „Hatte die Frau schon früher die Erfahrung gemacht, dass Verabredungen von Menschen die ihr wichtig waren nicht eingehalten wurden?“ Dadurch können Auslöser klar und Verständnis erzeugt werden.